Fiat-Lingotto

Fiat-Lingotto
1984

Entwurf, Turin
Auftraggeber: Fiat

1984 beschäftigte sich ein Ideenwettbewerb mit dem Umbau eines der wohl spektakulärsten Gebäude Europas – der Lingotto-Fabrik der Autofirma Fiat. Eine Auswahl von Architekten wurde dazu eingeladen, Ideen für die gigantische Autofabrik im italienischen Turin zu entwickeln. 1982 hatte Fiat die Autoproduktion im Lingotto eingestellt und suchte nach Möglichkeiten der Nachnutzung.

Wettbewerbsbeitrag von Fehling+Gogel: Modell

Im Rahmen des Wettbewerbs wurde kein Sieger und keine Rangfolge ausgewählt, stattdessen präsentierte Fiat alle Wettbewerbsbeiträge gleichberechtigt in einer entsprechenden Ausstellung 1984 im Lingotto. Unabhängig davon kam es jedoch für Renzo Piano zu einer konkreten Beauftragung, sein Entwurf für ein Kulturzentrum wurde bis 1989 umgesetzt. Das Lingotto ist heute einer der wichtigsten Veranstaltungsorte der Stadt Turin und wird von einem Dachaufbau mit Pianos bekannter Glaskugel geschmückt. Die Liste der damals beteiligten internationalen Stararchitekten reflektiert die hohe Bedeutung, die diesem Wettbewerb beigemessen wurde.

Wettbewerbsbeitrag von Fehling+Gogel: Aufsicht

Neben Renzo Piano reichten unter anderem folgende Architekten Beiträge ein: aus den USA: Kevin Roche mit John Dinkeloo, Cesar Pelli und Richard Meier; aus Großbritannien: Denys Lasdun und James Stirling mit Michael Wilford; aus Italien: Aldo Rossi und Vittorio Gregotti; aus Österreich: Hans Hollein.

Innenraumperspektive gezeichnet von Fehling.

Auch zwei deutsche Architekturbüros wurden eingeladen:, Gottfried Böhm und Fehling+Gogel. Fehling+Gogel nahmen diese Einladung sehr unterschiedlich an. Widerwillig steuerte Fehling eine große Perspektivzeichnung bei; um alles Weitere kümmerte sich Gogel alleine.

Der eingereichte Entwurf von Fehling+Gogel übertrifft sogar das bestehende Lingotto an Größe und steigert dessen ohnehin schon riesigen Dimensionen ins Gigantische. Großzügig geht der Entwurf mit Abriss der historischen Bausubstanz um, der Denkmalpflege gegenüber war Gogel kritisch gegenüber eingestellt.

Die drei inneren Quergebäude, die das Lingotto in drei Abschnitte teilen, nahm Gogel heraus und überdachte den nun durchgehenden Innenhof mit einer zehngeschossigen Superstruktur. Fünf aus Kreissegmenten zusammengestellte Aufbauten sollten weit über das Lingotto auskragen, ein keilförmig ansteigender Anbau in Verlängerung des Lingottos von Straßenniveau bis zum höchsten Punkt führen.

Im oberen Teil sollten ein Hotel und ein Einkaufszentrum Platz finden, das Lingottogebäude selbst sollte alszu Wohnraum umgenutzt werden.

Die Bedingung des Wettbewerbskomitees, eine Verbindung über die die Stadt zerteilenden Bahnanlagen zu schaffen, erfüllte Gogel, indem er ein neues Bahnhofsgebäude inmitten der Gleisanlagen entwarf. Von dort sollte eine brückenartige Struktur zum Lingotto und zur Stadt führen.

Die Gesamtlänge dieser Bahnhofsanlage übertrifft sogar Gogels Lingotto-Erweiterungen. Somit steht der Entwurf noch aus einem ganz anderen Zusammenhang in der Tradition der klassischen Moderne –, und das nicht nur durch seine an Erich Mendelsohn angelehnte Formensprache, oder das verwendete Motiv eines Ozeandampfers.

Dieser unrealisierbare Wettbewerbsbeitrag scheint nicht darauf angelegt zu sein, den Bedürfnissen der Firma Fiat oder der Stadt Turin zu entsprechen. Eher sollte er durch seinen utopischen Charakter Aufmerksamkeit für die Architekten erregen.

Screenshot einer Computeranimation des Entwurfs