Max-Planck-Institut für Bildungsforschung Berlin
1965–74
Lentzeallee 94, 14195 Berlin-Schmargendorf
Auftraggeber: Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e.V.
Als Losung für den Architekturwettbewerb hatte das Institut für Bildungsforschung 1964 eine einfache Formel aufgestellt:
„1. Allein lesen und denken. 2. Mit anderen sprechen und arbeiten.“
Der Wettbewerb war auf 14 Teilnehmer begrenzt. Als Sieger wurden 1966 Hermann Fehling und Daniel Gogel einstimmig ausgewählt. Ihr ehemaliger Kollege Peter Pfankuch war zu dem Wettbewerb ebenso eingeladen wie Rolf Gutbrod und Fritz Bornemann. Auch die Berufung Hans Scharouns als Sachpreisrichter in die Jury zeigt, dass das Bauvorhaben von Beginn an in eine bestimmte architektonische Richtung steuerte. Juryvorsitzender war der damalige Senatsbaudirekor Werner Düttmann.
Mit der Höhenstaffelung des Gebäudes verwirklichten Fehling+Gogel eines der zentralen Motive der expressionistischen Architektur: die Stadtkrone. Die Gesamtform des Instituts hat ihre Wurzeln in den 1920er Jahren. Bruno Taut, Hans Scharoun und die Brüder Luckhardt erträumten sich damals in Visionen zukünftiger Architektur sogenannte „Volkshäuser“, die als Orte der Kultur und Versammlung integraler Bestandteil einer freien Gesellschaft sein würden.
Von der großen Treppenhalle gehen auf der Westseite drei Flügel linear gereihter Bürozellen aus, deren Enden untereinander wiederum mit weiteren Bürotrakten verbunden sind. Östlich der Eingangshalle steht das große Hexagon der Bibliothek. Mensa und Konferenzräume liegen links und rechts der Haupterschließungsachse vor dem Gebäude und flankieren den Eingang. Somit wird der Haupteingang zur schmalen Schneise und die dahinter liegende Treppenhalle zum Überraschungseffekt. Aus dem östlichsten Bauteil der Mensa wächst noch ein weiterer Fortsatz hinaus, ein Flachbau, der die sogenannte „Versuchsstation“ und eine Hausmeisterwohnung enthält.
Dort, wo einfache Funktionalität gefordert ist, innerhalb der Reihung und Stapelung von Bürozellen, folgt der Bau einem rechtwinkligen Konstruktionsraster. Doch überall dort, wo Mitarbeiter sich treffen – und wo Kommunikation stattfinden soll – ergeben sich Räume von spektakulärer Polygonalität. Fehling+Gogel interpretierten sowohl vor als auch nach diesem Entwurf immer wieder Diagramme von sozialen Abläufen als räumliche Strukturen.
Wie es bei einem Gebäude dieser Größe zu erwarten war, meldeten die Nutzer schon während der Planung erste Änderungswünsche an. Vom Wettbewerbsentwurf bis zum gebauten Haus wurde der Entwurf mehrfach modifiziert. In den sechs Jahren zwischen 1966 und 1972 veränderten neue Bedürfnisse des Instituts den Entwurf immer wieder. Das schematisch sehr klare Modell, mit dem Fehling+Gogel den Wettbewerb gewannen, wuchs im Laufe der Jahre zu einer komplexen, unregelmäßigen Struktur.
Mit der ersten Übermalung der Fassaden kurz nach der Fertigstellung begannen größere und kleinere Veränderungen und Anpassungen, die mit der jüngsten Sanierung sicher nicht ihr Ende gefunden haben werden. Im Zuge der jüngsten Sanierung, die von dem seit 1977 das Haus betreuenden Architekt Klaus Günther und seinem Sohn und Partner Benjamin durchgeführt wurde, forderten die Nutzer des Institutsgebäudes selbst eine hellere Innenraumgestaltung. Die aktuell realisierte Farbgebung entspricht diesem Wunsch, weist aber noch immer den Kontrast aus weißen und dunkleren Elementen auf.
Das Architekturbüro Günther bemühte sich, das Gebäude auch ohne Denkmalstatus wie ein Denkmal zu behandeln. Mit seinen einschaligen Betonwänden und großen Oberflächen besitzt das Gebäude eine extrem schlechte Wärmedämmung. Betriebskosten und Energiebilanz trüben das Bild vom architektonischen Wunderwerk. Für seine künstlerische und zeitgeschichtliche Bedeutung spielt diese „ungünstige“ Bauform jedoch die zentrale Rolle.